Erfurt. Die "Town & Country"-Stiftung hat nicht nur in Erfurt ihren Sitz, sie lädt am Freitag auch in den Kaisersaal zur mittlerweile vierten Stiftungspreis-Gala. Ausgezeichnet werden Initiativen aus allen Bundesländern. Das Thüringer Gewinner-Projekt, das vorab nicht verraten wird, hatte noch 117 weitere "Mitbewerber" um die je 5000 Euro. Die TLZ befragt Christian Treumann, den Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, welche Absichten diese Institution verfolgt.
Warum wurde die "Town & Country"-Stiftung gegründet?
Ursprünglicher Gedanke war, etwas zu schaffen, womit Eigentümern von Einfamilienhäusern in Notsituationen geholfen werden kann. Im Zuge dieser Überlegungen wurde dann eine Stiftung gegründet, die sich auch noch der Unterstützung von benachteiligten Kindern verschrieben hat. Dazu haben sich die Häuser erstellenden Franchise-Nehmer allesamt bereit erklärt, die Stiftung großzügig mit finanziellen Mitteln auszustatten.
Was bedeutet das im Detail?
Bei jedem gebauten Haus wird der Stiftung eine Spende in Höhe von 500 Euro überlassen. Aufgrund des Erfolgs des "Town & Country"-Franchise-Systems verfügt die Stiftung bei mehr als 3000 gebauten Häusern pro Jahr über ein ganz erhebliches Spendenaufkommen, das für die Satzungszwecke eingesetzt werden kann, die in diesem Jahr auch noch erweitert wurden.
Förderung von Kultur und Bildung sind neu
Inwiefern haben Sie die Zwecke ausgeweitet?
Wir betätigen uns inzwischen auch im Rahmen der Kunst- und Kulturförderung, der Förderung der Volks- und Berufsbildung und auch noch im Hinblick auf die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements.
Aus welchem Beweggrund tut die Stiftung Gutes?
Die Gründer, Franchise-Geber von "Town & Country" und Stifter der "Town & Country"-Stiftung, das Unternehmerehepaar Gabriele und Jürgen Dawo ist überzeugt davon, dass Gesellschaft nur gelingen kann, wenn Menschen und Unternehmen, die Erfolg haben, bereit sind, der Gesellschaft etwas von ihrem Erfolg zurückzugeben. Daraus entstand zunächst der Gedanke, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Die deutschlandweit tätigen Franchise-Nehmer des "Town & Country"-Franchise-Systems leben diese Philosophie mit, indem sie der Stiftung Mittel zur Verfügung stellen, sich darüber hinaus aber auch für die Belange der Stiftung in ihren Regionen einsetzen, indem Menschen, Projekte und gemeinnützige Institutionen unterstützt werden.
Sie haben vor allem auch Familien in scheinbar ausweglosen Situationen im Blick. Können Sie skizzieren, wie Sie da helfen?
Es ist richtig, dass wir mit unserem ersten Satzungszweck insbesondere Familien mit schweren Schicksalen oder in ausweglosen Situationen im Blick haben. Wenn ich nach Beispielen gefragt werde, berichte ich gerne von einem unserer ersten Fälle, mit dem wir uns nach Gründung der Stiftung konfrontiert sahen.
An was denken Sie zuerst?
An diesen Fall, der zeigt, welche Geschichten das Leben schreiben kann, die eigentlich gar nicht denkbar sind: Eine junge Familie hatte sich entschlossen, ein Einfamilienhaus zu errichten. Die junge Mutter war vollständig blind, der Vater nahezu blind. Anlässlich der Unterzeichnung des Hausbauvertrages gingen die Eheleute mit ihrem sechs Wochen alten Kind zu ihrem Verkaufsberater und unterzeichneten den Bauwerkvertrag, nachdem sie schon ein Grundstück erworben hatten. Unmittelbar nach Unterzeichnung des Bauwerkvertrages begab sich der Familienvater nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Vor dem Bürogebäude stehend wurde er dann von dem Anhänger eines Lastwagens überrollt, der sich zuvor von dem Lastwagen gelöst hatte.
Was haben Sie getan?
In diesem Fall hat die Stiftung der jungen Witwe eine finanzielle Soforthilfe im fünfstelligen Bereich zukommen lassen und ihr geholfen, das Grundstück, für das sie jetzt keine Verwendung mehr hatte, zu veräußern. Darüber hinaus konnten wir dabei helfen, den Darlehensvertrag rückabzuwickeln, ohne dass der Witwe weitere Kosten entstanden. Dieses Beispiel macht für mich sehr anschaulich, dass sich Hilfe in diesen Bereichen immer sehr am Einzelfall orientiert.
Am heutigen Freitag werden Preisträger aus allen 16 Bundesländern geehrt und erhalten eine Zuwendung für ihre außerordentliche gemeinnützige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Wie läuft die Auswahl?
Bundesweit haben sich weit mehr als 500 Kinderhilfsprojekte bei uns beworben, die wir jeweils mit 500 Euro unterstützt haben. Zusätzlich haben wir aus diesen eingegangenen Bewerbungen pro Bundesland ein uns besonders beeindruckendes Projekt ausgesucht, die dann zusätzlich zu den 500 Euro jeweils noch einmal 5000 Euro erhalten.
Können Sie vorab schon etwas zur Bandbreite der Preisträger sagen?
Ja. Sie ist beeindruckend. Die in diesem Jahr ausgezeichneten Projekte reichen von Trauergruppen für Kinder, die Geschwisterkinder verloren haben, bis hin zur anonymen Online-Beratung für Kinder und Jugendliche, also eine Art moderne Telefonseelsorge für solche Themen wie Depressionen, Gewalt, Mobbing und weitere Probleme. Aber auch Projekte, die sich mit prekären Familienverhältnissen beschäftigen und sich für die Stärkung der Familienbindungen zwischen Eltern und Kind einsetzen, indem Eltern für die Bedürfnisse ihrer Kinder sensibilisiert werden.
Vom Tanzprojekt bis zur Neurofibromatose-Hilfe
Genauso findet sich aber auch ein Tanzprojekt darunter, wo Kinder mit den unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Voraussetzungen gefördert werden. Aus Hamburg unterstützen wir ein Projekt, das sich der Hilfe von an Neurofibromatose erkrankten Kindern angenommen hat. Dabei geht es um eine unheilbare Erbkrankheit, die zu Tumoren an der Haut, im Nervengewebe oder im Gehirn führt. Sie sehen also: Es handelt sich um die unterschiedlichsten Initiativen von Menschen, die für sich erkennen, dass Teilhabe an der Gesellschaft auch Geben bedeutet.
Und zeichnen Sie die Initiativen auch deshalb aus, weil Sie erreichen wollen, dass andere diesem Beispiel folgen?
Damit sprechen Sie einen für uns ganz wesentlichen Punkt an. Wir wollen durch unseren Stiftungspreis zu ehrenamtlichem Engagement ermutigen, indem wir dem Ehrenamt eine Bühne bieten. Mit unserem Stiftungspreis möchten wir die Vielfalt ehrenamtlichen Engagements zeigen. Und die mehr als 500 Projekte, die sich in diesem Jahr bei uns beworben haben und gefördert wurden, sind ein Beleg dieser Vielfalt. Sie sind gleichzeitig aber auch ein Appell, dass Ehrenamt in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen muss. Wir wollen mit unserem Stiftungspreis zeigen, dass es unzählige Menschen gibt, die nicht nur an sich selbst denken, sondern deren Lebensgrundeinstellung davon geprägt ist, dass ein sinnvolles und wertvolles Leben vom Miteinander unter Einbeziehung der Schwachen und Schwächsten in einer Gesellschaft abhängt.
Quelle: www.tlz.de